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07.11.2019 Würdigung des ESO-Konzerts am 2. November
Großartiges Konzert in Kurpark Terrassen
Wir schauen zurück auf ein wunderbares Konzert des Euregio Saxophone Orchestra am 2.11.2019 in den Kurpark Terrassen in Aachen-Burtscheid. Es war das 5. Konzert unserer Reihe Musik trifft Wort. Nach Eupen, Alsdorf, Heerlen und Würselen war nun Aachen als Ort des Ereignisses gewählt. Der Euregionale Charakter der Konzertreihe war wieder deutlich spürbar, als das Konzert mit der allen Zuhörern bekannten Melodie der Eurovisionssendungen (Te Deum) begann. Die 40 Musikerinnen und Musiker stammen aus Belgien, Niederlande, Deutschland und Luxemburg. Der wunderbare und mit viel Applaus versehene Klangkörper hatte allein schon euregionalen Charakter. Prägend für diese Konzertreihe sind die Wortbeiträge, die Impulse zu Europa und aktuellen gesellschaftspolitischen Themen geben wollen. Vortragende waren bei diesem Konzert der Vorsitzende des Vorstandes der mitveranstaltenden Bürgerstiftung Lebensraum Aachen, Hans-Joachim Geupel und Christoph Leisten, Lyriker, Prosa-Autor und Essayist.
Hans-Joachim Geupel beschäftigte sich mit der Frage, ob unsere Welt gerade in Anbetracht der kriegerischen Ereignisse in Syrien und des wachsenden Rechtsextremismus aus den Fugen geraten sei. Er lud die Zuhörerinnen und Zuhörer ein, sich aktiv für das Grundgesetz und für die Demokratie mit ihren Werten einzusetzen, um ein Gegengewicht zu bilden gegen die skizzierte Entwicklung.
Der zweite Beitrag war ein Gedicht von Ulrich Schaffer mit dem Titel „Ich träume“. Alle Menschen in unserer Welt träumen – was uns sehr verbindet. Im Gedicht steht der Traum für ein würdiges Leben für alle Menschen im Mittelpunkt. Der Dichter ermuntert uns, diese Träume zu verwirklichen und echter und menschlicher zu werden.
Christoph Leisten wählte das Gedicht „Europa“ von Kurt Tucholsky, das dieser 1932 geschrieben hat. Es beschreibt, wie in der damaligen Zeit die nationale Abgrenzung als Idee im gesellschaftlichen Prozess im Vordergrund gestanden hat. Wir konnten wunderbar den Wert unserer heutigen europäischen Zusammenarbeit fühlen.
Der zweite Beitrag stammte aus der Feder des deutsch-iranischen Dichters Said, der einst vor dem Shah nach Deutschland floh, zurück nach Teheran ging und dann vor den Mullahs wieder nach Deutschland floh. Der Text nimmt unsere europäischen Werte der Gleichheit, der Brüderlichkeit und die Freiheit in den Blick und lädt uns ein unseren Weg des Lebens hin zur Liebe im Rahmen dieser Werte zu suchen und zu finden.
Wir danken unseren Unterstützern, der Euregio Maas Rhein mit einer Förderung aus den Programmen Interreg. Ebenfalls danken wir dem Ministerim für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW für eine finanzielle Förderung.
Das Publikum spendete der Musik und den Wortbeiträgen großen und dankbaren Applaus. Mehrere Zugaben folgten.
Das letzte Konzert der Reihe findet am 9.11.2019 in der Klosterbibliothek in Wittem, Niederlande, statt. Beginn 20 Uhr , Einlass 19 Uhr.
Wortbeiträge des Konzertes in Aachen Burtscheid:
Hans-Joachim Geupel
Text 1
Ist unsere Welt aus den Fugen geraten?
Was erleben wir gerade alles?
Da marschiert unser NatoPartner Türkei in Syrien ein, um eine Schutzzone von 35 Km Tiefe auf 500 Km Länge herbeizuführen. Menschen werden wieder auf die Flucht geschickt oder umgesiedelt.
Da ziehen sich die USA zurück und machen gleichzeitig wirtschaftlichen Druck, der so groß ist, dass eine Kampfpause möglich wird. Und Putin und Erdogan nutzen die Kampfpause, um Machtverhältnisse dauerhaft neu zu strukturieren.
Was wird danach sein?
Der Türkische Präsident Erdogan lässt alle Wünsche der Nato Partner auf Verzicht auf kriegerische Auseinandersetzung an sich abblitzen
Stattdessen droht er Europa die in der Türkei versorgten syrischen Flüchtlinge zu schicken.
Und bei uns gibt es im Pontviertel eine Gruppenvergewaltigung und in Halle den Anschlag mit 2 Toten.
Ursache für diesen Anschlag ist die Haltung des Antisemitismus und der Hass auf andere.
Alles, Alles ist wirklich vollkommen unerträglich.
An dieser Stelle möchte die Bürgerstiftung Lebensraum Aachen nicht schweigen. Getragen von den Grundsätzen des Humanismus protestieren wir und setzen uns für Demokratie, Menschenwürde und Vielfalt ein. Wir appellieren an Sie – als Zuhörer dieses wunderbaren Konzertes – sich mit diesen Werten und Zielen zu solidarisieren. Lassen Sie uns festhalten an den Grundsätzen der Demokratie und den Werten, die uns das Grundgesetz, das in diesem Jahr 70 Jahre alt geworden ist, geschenkt hat.
In diesem Zusammenhang verlese ich den Leserbrief des Vorstandes der Bürgerstiftung Lebensraum Aachen zum Anschlag in Halle:
Leserbrief des Vorstands der Bürgerstiftung Lebensraum Aachen zum Anschlag in Halle
Der Anschlag auf die Synagoge in Halle macht wieder einmal deutlich, dass die Entwicklungen des Rechtsradikalismus mit einer Rasanz und einer Zwangsläufigkeit verlaufen, die kaum noch überraschen kann.
Inhumane Absonderungen von Hass in (a-)sozialen Netzwerken, menschenverachtende Äußerungen auch von Politikern bis hin zum Mord an Walter Lübcke und jetzt an zwei Menschen in Halle. Wir erklären den Angehörigen der Opfer und den potentiellen Opfern, den betenden und feiernden Menschen in der Synagoge, unsere Solidarität. Geplant war ganz offensichtlich ein Massaker.
Rechtsradikalismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit wie Rassismus, Antiziganismus und Antisemitismus sind Geschwister.
Kritik an der Politik des Staates Israel ist erlaubt, möglich und notwendig. Antisemitismus darf es nicht geben – nirgends auf der Welt, und vor allem nicht in Deutschland.
Wir werden uns weiterhin mit aller Kraft für die Stärkung der Demokratie einsetzen. Vieles ist zu verbessern, auch wir sind mit so Manchem nicht einverstanden. Verbesserungen sind möglich, wir wollen sie aber ausschließlich auf der gemeinsamen Basis der Werte des Grundgesetzes erreichen.
Wir müssen unsere Demokratie erhalten, und wir müssen sie optimieren! Dazu benötigen wir nicht nur die gewählten Politiker, sondern auch bürgerschaftliches Engagement. Deshalb führen wir als Bürgerstiftung Projekte wie „Offenes Aachen“ durch: Für Demokratie, Menschenwürde und Vielfalt.
11.10.2019
Der Vorstand der Bürgerstiftung Lebensraum Aachen
Hans-Joachim Geupel
Text 2
Gedicht „Ich träume“ von Ulrich Schaffer
Ich träume
Ich träume von Inseln der Menschlichkeit in dem Meer der Härte und Gleichgültigkeit.
Ich träume von Menschen, die etwas einsetzen, um anderen ein würdiges Leben zu erfüllen.
Ich träume von angstfreien Räumen und mutmachenden Gedanken.
Ich träume von Häusern, Wohnungen und Zimmern, in denen mit Zeit und Liebe Menschen gefördert werden, die sonst in unserem Leben wenig zählen.
Es ist nicht nötig, über die Dunkelheit zu klagen, Es ist nötig, ein Licht zu sein.
Es genügt nicht, auf die anderen zu warten, jeder von uns ist aufgerufen, den ersten Schritt zu wagen, echter und menschlicher zu werden.
Es ist nicht genug, nur zu träumen, wenn das Leben die Möglichkeiten bietet, unsere Träume zu verwirklichen.
Christoph Leisten
Text 1
Kurt Tucholsky: Europa (1932)
Am Rhein, da wächst ein süffiger Wein –
der darf aber nicht nach England hinein –
Buy British!
In Wien gibt es herrliche Torten und Kuchen,
die haben in Schweden nichts zu suchen –
Köp svenska varor!
In Italien verfaulen die Apfelsinen –
laßt die deutsche Landwirtschaft verdienen!
Deutsche, kauft deutsche Zitronen!
Und auf jedem Quadratkilometer Raum
träumt einer seinen völkischen Traum,
Und leise flüstert der Wind durch die Bäume ...
Räume sind Schäume.
Da liegt Europa. Wie sieht es aus?
Wie ein bunt angestrichnes Irrenhaus.
Die Nationen schuften auf Rekord:
Export! Export!
Die andern! Die andern sollen kaufen!
Die andern sollen die Weine saufen!
Die andern sollen die Schiffe heuern!
Die andern sollen die Kohlen verfeuern!
Wir?
Zollhaus, Grenzpfahl und Einfuhrschein:
wir lassen nicht das geringste herein.
Wir nicht. Wir haben ein Ideal:
Wir hungern. Aber streng national.
Fahnen und Hymnen an allen Ecken.
Europa? Europa soll doch verrecken!
Und wenn alles der Pleite entgegentreibt:
dass nur die Nation erhalten bleibt!
Menschen braucht es nicht mehr zu geben.
England! Polen! Italien muß leben!
Der Staat frißt uns auf. Ein Gespenst. Ein Begriff.
Der Staat, das ist ein Ding mitm Pfiff.
Das Ding ragt auf bis zu den Sternen –
von dem kann noch die Kirche was lernen.
Jeder soll kaufen. Niemand kann kaufen.
Es rauchen die völkischen Scheiterhaufen.
Es lodern die völkischen Opferfeuer:
Der Sinn des Lebens ist die Steuer!
Der Himmel sei unser Konkursverwalter!
Die Neuzeit tanzt als Mittelalter.
Die Nation ist das achte Sakrament –!
Gott segne diesen Kontinent.
Christoph Leisten
Text 2
SAID: mein europa